‘Trump das Mikro abdrehen’ Oder: Der beste Hillsong-Tweet aller Zeiten.
Gestern Nacht konnte man die Debatte zwischen Donald Trump und seinem Herausforderer Joe Biden verfolgen.
Die Debatte an sich war in weiten Teilen sicherlich dem Amt eines amerikanischen Präsidenten unwürdig. Das ist nicht sehr überraschend, aber es ist was es ist.
Auf der Plattform Twitter ist dann etwas bemerkenswertes geschehen. Ein Mitarbeiter des Social-Media Teams von Hillsong hat einen Kommentar zu der Debatte abgegeben, allerdings nicht über seinen privaten Account, sondern über den offiziellen Account der Hillsong Gemeinde.
Dort war zu lesen: „Können die nicht einfach Trump das Mirko abdrehen? Er kommt wie ein Kotzbrocken rüber. Ich habe keinen Respekt vor ihm, sorry. #presidentialdebate2020“
Der Tweet wurde kurze Zeit später gelöscht und eine Stellungnahme wurde stattdessen gepostet. Ein Mitarbeiter habe versehentlich den offiziellen Kanal genutzt. Die Hillsong-Kirche würde sich nicht zu politischen Themen äußern.
Earlier today a staff member accidentally posted on this account personal comments about the US presidential debate, that were meant for a personal account. Hillsong does not comment on partisan politics & apologizes. These comments do not represent the views of Hillsong Church.
— Hillsong Church (@Hillsong) September 30, 2020
Dabei ist es nicht so, dass Hillsong sich aus der Politik völlig heraushält. Brian Houston, der Pastor der Hillsong-Gemeinde, wurde als Gast im Weißen Haus empfangen. Man kann ihm eine gewisse Nähe zu Trump nachsagen – was aber nicht von allen Pastoren der Gemeinde gesagt werden kann.
Es mag gute Gründe dafür geben, dass sich Kirchen nicht öffentlich in politische Themen einmischen. Diese Gründe erschließen sich mir jedoch nicht im Einzelnen. Es gibt eine Menge an biblischen Beispielen dafür, wie Propheten die Missstände der Mächtigen mit deutlichen Worten angegangen sind.
Kirche muss sich öffentlich äußern.
Ich denke, dass es eine theologische Schieflage ist, wenn man Glauben als etwas versteht, das nur das persönliche Heil betrifft. Wenn die einzige Botschaft lautet, dass Jesus das Ticket in den Himmel ist, dann hat dieser Glaube der Welt heute nichts Relevantes zu sagen.
Dabei hätte es zur gestrigen Debatte eine Menge zu sagen gegeben.
Zum Beispiel zum Bereich Rassismus.
Trump wurde gefragt, ob er „White Supremacy“ (die Ideologie der „Weißen Vorherrschaft“) verurteilen würde. Auf die Rückfrage, welche Gruppe er konkret verurteilen solle, nannte der Moderator die Gruppe „Proud Boys“. Trump meinte daraufhin „Stand down and stand by“ – „Haltet euch zurück und haltet euch bereit“. Im Internet feiert diese Gruppe nun, denn sie verstehen diesen Satz als eine Art Marschbefehlt. Man solle dich bereit halten, weil man vielleicht demnächst gebraucht werde.
Da hat Kirche gegen anzugehen.
Ein Brian Houston kann sich nicht stolz vor dem Weißen Haus ablichten lassen und seine Kirche anschließend bei solchen Aussagen von Trump eine öffentliche Neutralität postulieren.
Dem Mitarbeiter, der diesen verstohlenen Kommentar gepostet hat gilt mein Respekt.
Eigentlich kann ich mir kaum vorstellen, dass das unabsichtlich passiert ist.
Aber selbst wenn – gut, dass er sich geäußert hat.
In den sozialen Netzwerken ist die Debatte nämlich entbrannt.
Mehrere BPoC fordern von der Kirche, dass sie sich klar gegen Rassismus äußern.
In einem Kommentar wurde gefragt, wer denn nun dieser Mitarbeiter sei, der den kontroversen Post getweetet hat. Dem würde er gerne folgen. Darauf kommentierte jemand anderes: Vielleicht war es ja Jesus.