Warum musste Jesus sterben?
Warum musste Jesus sterben?
Jesus starb an einem Kreuz. Eine brutale römische Hinrichtungsmethode für Menschen, die im römischen Reich etwas verändern wollten. Wie z.B. Spartacus. Er wollte für die Freiheit von Sklaven kämpfen. Viele schlossen sich ihm an. Ohne Erfolg. 71.v Christus wurden seiner Anhänger gekreuzigt.
Die Botschaft: Das passiert mit allen, die etwas verändern wollen. Jesus wollte die Dinge ändern. Seine Botschaft war: Nicht Cäsar ist König, sondern Gott. Er trat für die Armen, Entrechteten und Ausgestoßenen ein. Seine Botschaft war eine Provokation für die Mächtigen. Also kreuzigten sie ihn.
Seine Anhänger waren enttäuscht. Sie hatten geglaubt, dass Gott durch Jesus eine echte Veränderung herbeiführen würde. Stattdessen hatte Rom gewonnen. Jesus war tot. Seine Leute versteckten sich. Man hatte sich wohl in Jesus getäuscht. Er konnte unmöglich der von Gott versprochene Retter sein, der die Welt wieder in Ordnung bringt. Hatte Gott sein Versprechen gebrochen? Hat Gott sie im Stich gelassen? Es schien so. Dann kam aber ein Gamechanger. Es sprach sich rum, dass Jesus lebe. Auferstehung.
Und damit wird es eine neue Story.
Nur welche?
Christ*innen haben seit 2000 Jahren versucht, diese Story von Jesu Tod neu zu erzählen. Den Sinn deutlich zu machen. Dabei sind völlig unterschiedliche Versuche herausgekommen. Einige haben sich durchgesetzt, andere sind untergegangen. Und einige sind so neu, dass abzuwarten gilt, ob sie sich durchsetzten. Ich stelle einmal eine Auswahl vor.
Was ist euer Favorit?
Womit habt ihr Schwierigkeiten?
Ich werde meine Sicht in einem späteren Post beitragen.
Stellvertretende Strafübernahme
Gott liebt die Menschen und möchte Beziehung zu ihnen, aber er ist auch gerecht und kann Sünde daher nicht einfach durchgehen lassen und drüber hinwegsehen. Sünde verlangt nach Strafe. Sprich: die Hölle.
Damit der Mensch diese Strafe nicht erhalten muss, nimmt Gott sie stellvertretend in Jesus auf sich. So ist der Gerechtigkeit genüge getan und Menschen können gerettet werden. Vor der Strafe. Und vor dem strafenden Gott.
Sündenbock
Rene Girard ist aufgefallen, dass in der Menschheitsgeschichte immer wieder Sündenböcke gesucht werden. Irgendwo entsteht ein Konflikt, man findet einen Sündenbock, beseitigt den Sündenbock und für kurze Zeit herrscht frieden. Bis zum nächsten Konflikt. Eine Gewaltspirale. Das Problem ist, dass die Sündenböcke nicht die Ursache der Probleme sind. Sie sind unschuldig. Die Gewalt gegen die Sündenböcke löst keine Probleme, sie schaffen nur eine scheinbare Einigkeit. Ein gemeinsames Dagegen. Girard meint nun, dass mit Jesus ein neuer Gedanken in die Welt kam: Der Sündenbock ist unschuldig. Der Sündenbockmechanismus löst keine Probleme. Jesus hat gezeigt, dass die Gewaltspirale durchbrochen werden kann und echte Versöhnung geschehen kann.
Moraleffekt
Für Petrus Abaelard (1079-1142) war klar, dass Gott Menschen vergeben kann und das ohne Gegenleistung. Das Problem liegt demnach nicht auf Seite Gottes, sondern auf Seite des Menschen. Der Mensch benötigt eine Umwandlung im Herzen. Für Abaelard funktioniert das so: Der Mensch sieht im Tod Jesu den ultimativen Liebesbeweis Gottes. Der Mensch betrachtet diesen Liebesbeweis und wird davon überwältigt. Gegenliebe wird in dem Menschen erweckt und der Mensch so innerlich verwandelt. Das Kreuz überzeugt uns Menschen also von Gottes Liebe, weil dort deutlich wird, dass es nichts gibt, was Gott nicht tun oder erdulden würde, um uns seine Liebe zu zeigen.
Verwandlung der Mächte
Walter Wink glaubt, dass Gewalt die eigentliche Religion der Menschheit ist. Wir glauben daran, dass wir mit Gewalt die Dinge regeln können. Er nennt das „Mythos der erlösenden Gewalt“. Überall finden wir diesen Mythos. Hollywood. Kinderbücher. Politik.
Aber Gott ist anders. In Jesus zeigt sich: Gott verzichtet auf Gewalt. Sein Mittel zur Veränderung ist Liebe. Denn Liebe kann verwandeln und aus Feindschaft Freundschaft werden lassen. Am Kreuz zeigt sich, dass Gott in Jesus bis zum letzten auf Gewalt verzichtet. In der Auferstehung wird deutlich, dass Liebe eine größere Kraft ist, als Gewalt es je sein kann.
Solidarität
Das Leben Jesu war geprägt davon, dass er sich auf die Seite der Armen, Entrechteten und Ausgestoßenen gestellt hat. Dadurch machte Gott deutlich, dass er/sie nicht einfach für alle da ist – er hat eine Seite gewählt. Gott steht auf der Seite der Unterdrückten. Jesu Tod am Kreuz war die Konsequenz aus seinem Lebensstil, seinem Aktivismus für die Ausgegrenzten. Moltmann glaubt nun, dass damals Gott in Jesus gegenwärtig war. Gott nimmt also teil am Leid Jesu und damit auch am Leid der Unterdrückten – letztlich am Leid der Welt. So wird Jesus zu Bruder der Leidenden, der durch sein Mitleiden verstehen kann.
Stellvertretung
Wieder Moltmann. Er glaubt, dass Jesus stellvertretend für uns gelitten hat. Das sei eine „Sühne für die Sünden“.
Menschen brauchen Vergebung der Sünden. Nur so könne man mit der Sündenlast leben. Sonst würde man seine Selbstachtung verlieren. Vergebung gebe es aber nur durch „Sühne“. Gott selbst stiftet „Sühne“, weil nur Gott Wiedergutmachung und Versöhnung schaffen kann. Das geschehe, indem Gott uns ertrage und uns erdulde.
Feministische Kritik
Feminist*innen kritisieren die Idee, dass es Gottes Wille gewesen sei, dass Gott den Kreuzestod gewollt oder verursacht habe. Das sei sadistisch. Seinen eigenen Sohn ans Kreuz auszuliefern – das sei eine Form von kosmischen Kindesmissbrauch: Ein Vater bestraft seinen Sohn für eine Tat, die er nicht begangen hat. Durch das Kreuz werde eine pervertierte Form von Liebe gezeichnet. Eine unheilvolle Verknüpfung von Opfer und Liebe. Außerdem heiligt diese Vorstellung Leid, Opfer und Gewalt als göttliche Mittel. Die Vorstellung des sich opfernden Christus sei eine schädliche Ethik für Frauen, die das Ertragen von Gewalt und Diskriminierung implizieren würde.